LG Berlin: Steam-Accounts müssen auch nach UsedSoft nicht übertragbar sein (Volltext)

Wie bereits berichtet hat das LG Berlin mit Urteil vom 21. Januar 2014 (Az. 15 O 56/13) erneut bestätigt, dass es zulässig ist, die Übertragung von Accounts in Onlinediensten per AGB zu verbieten. Das gilt auch, wenn ein solcher Account Voraussetzung für das Spielen eines digital oder auf einem physischen Datenträger erworbenen Computerspiels ist.

Das Urteil liegt nunmehr im Volltext vor. Deutliche Worte findet das Gericht darin auch – obwohl es für seine Entscheidung am Ende nicht einmal darauf ankam – zu der Frage, ob die „Online-Erschöpfung“, die der EuGH in seinem UsedSoft-Urteil anerkannt hat, überhaupt für Computerspiele gilt.

Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte nach der Niederlage vor dem BGH erneut gegen Valve, den Betreiber des Onlinedienstes Steam geklagt. Nach Ansicht der Verbraucherschützer benachteiligte der Dienst die Kunden unangemessen, weil er die Übertragung von Accounts in seinen AGB ausschloss und damit letztendlich die Kunden daran hindere, Spiele gebraucht zu verkaufen. Damit werde der urheberrechtliche Erschöpfungsgrundsatz unterlaufen. Schon der BGH hatte diese Argumentation verworfen, doch der vzbv sah in dem hinsichtlich der Erschöpfung großzügigen UsedSoft-Urteil des EuGH eine Änderung der Rechtslage.

Diesem Ansatz ist das LG Berlin in dem Urteil vom 21. Januar 2014 (Az. 15 O 56/13)(Volltext) nicht gefolgt. Es hält die Klauseln wie schon der BGH für zulässig, und zwar ungeachtet dessen, ob sie im Zusammenhang mit online heruntergeladenen oder auf körperlichen Datenträgern vertriebenen Spielen verwendet werden.

Das UsedSoft-Urteil, so die Richter, ändere schon deswegen nichts an der Beurteilung der Steam-AGB, weil es sich allein auf digital vertriebene Software, aber ausdrücklich nicht auf Zusatzleistungen wie Wartung und Support beziehe, und im Rahmen der Onlineplattform Steam vergleichbare weitere Dienstleistungen erbracht wurden – dazu zählt das Gericht nicht nur die Ermöglichung des Multiplayerspiels als solchem, sondern auch das Matchmaking (Generierung von Onlinespielpartien zwischen in etwa gleich starken Spielern), die Bereitstellung automatischer Updates, und anscheinend sogar das digitale Rechtemanagement.

Wie zur Unterstreichung, dass sich die Rechtslage nicht geändert hat, zitiert das Gericht sogar über mehrere Seiten das BGH-Urteil aus dem Jahr 2010.

Daher könne, so das LG Berlin, auch eigentlich offen bleiben, ob die UsedSoft-Rechtsprechung auf Computerspiele überhaupt Anwendung finden könne. Dennoch macht es aus seiner Meinung in dieser Frage keinen Hehl:

 Es kann insbesondere dahin stehen, ob sich aus der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache UsedSoft ergibt, dass die Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes das § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG bzw. Art. 4 Abs. 2 der Computerrichtlinie auch für den Online-Vertrieb von komplexen Computerspielen gilt oder ob – im Hinblick darauf, dass diese auch als Filmwerk Urheberrechtsschutz genießen (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG) und als solche zugleich auch der Urheberrechtsrichtlinie unterliegen -, bei diesen die Annahme der Erschöpfung voraussetzt, dass ein körperliches Werkstück in Verkehr gebracht worden ist.

Die gerade nicht offen gelassene Feststellung, dass Computerspiele eben auch als Filmwerke geschützt werden, zeigt deutlich, welcher Auffassung des Gericht zuneigt: Für Computerspiele gilt zumindest auch die Urheberrechtsrichtlinie – und damit kommt eine „unkörperliche Erschöpfung“ nicht in Betracht. Mit diesem Ansatz dürfte sich das Gericht auch in guter Gesellschaft mit dem EuGH befinden. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, so dass die weitere Entwicklung abzuwarten bleibt.

Update: Eine englischsprachige Erläuterung des Urteils jetzt bei unseren Specials!

Full disclosure: Wir haben in diesem Verfahren keine der Parteien vertreten.


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