I know where you are – Geolocation aus datenschutzrechtlicher Sicht

Dank der Ausstattung von Smartphones mit GPS-Chips (Global Positioning System) kann nun auch jeder Fußgänger, Jogger und Fahrradfahrer seine Position, Strecke und Geschwindigkeit auch ohne besondere Navigationsgeräte bestimmen. Gut entwickelte Apps bieten dem User zahlreiche hilfreiche Funktionen. Der Aufenthaltsort ist mithilfe von GPS oder WLAN bis auf ca. 4-15 Meter exakt zu bestimmen. Dabei können die Ortungsdaten jederzeit vom App-Anbieter und auch vom Telekommunikationsanbieter – durch Ortung des Smartphones – gesammelt und abgespeichert werden. Dies führt dazu, dass diese Anbieter genau wissen, wo man sich wann gerade aufhält, welchen Weg man zur Arbeit nutzt, wo man gerne mittags isst, ob man regelmäßig ins Stadion geht, welchen Arzt man aufsucht, welche Kirche man besucht oder wo genau man seine Nächte verbringt. Daraus ergeben sich für die Anbieter äußerst detaillierte Bewegungsprofile, von denen der User regelmäßig nichts mitbekommt. Zwar lässt sich Geolocation abschalten, viele User vergessen dies aber oder haben gar keine Kenntnis von dieser Abschaltfunktion.

Datenschützer haben daher schon länger zahlreiche Bedenken gegen Geolocation geäußert. Nun hat sich auch die europäische Artikel-29-Datenschutzgruppe mit dieser Problematik befasst. Bei der Artikel-29-Datenschutzgruppe handelt es sich um das unabhängige Beratungsgremium der Europäischen Kommission, die sich mit Fragen des Datenschutzes auseinandersetzt.

Sowohl App-Anbieter als auch Telekommunikationsanbieter können den Smartphone-User identifizieren:

Der Telekommunikationsanbieter kann die georteten Geodaten anhand der gespeicherten Kundendaten problemlos dem Smartphone-User zuordnen. Für den Erwerb von Apps muss der Smartphone-User in der Regel Name, Adresse und Bankverbindung angeben, so dass auch der App-Anbieter die Geodaten und Bewegungsprofile durch Verknüpfung dieser Daten einer bestimmten Person – nämlich dem Smartphone-User – zuordnen kann.

Daher hat die Art-29-Datenschutzgruppe im Hinblick auf Telekommunikations- und Anbieter von Geolocation-Apps zu Recht angenommen, dass es sich bei den Geodaten des Smartphone-Users um personenbezogene Daten handelt und die Datenschutzgesetze Anwendung finden. Denn der Betroffene hat das Recht grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen und zu wissen wer, was, wann und bei welcher Gelegenheit über ihn weiß. Mangels Erlaubnistatbestandes dürfen die Bewegungsdaten grundsätzlich nicht ohne die vorherige Einwilligung des Handynutzers erhoben, gespeichert oder verwertet werden. Andernfalls sind Erhebung, Speicherung und Verwertung datenschutzrechtlich unzulässig.

Die Einwilligung des Smartphone-Users muss ausdrücklich und vorab erfolgen. Eine konkludente Zustimmung durch Vertragsabschluss – sei es durch den Kauf der App oder den Abschluss des Mobilfunkvertrages – ist gerade nicht ausreichend. Ebenso ist eine Einwilligung nicht durch bloße Akzeptanz der AGB möglich. Eine solche Einwilligung muss freiwillig erteilt werden, wobei der Einwilligende vollumfänglich über die Datenerhebung informiert sein muss.

Die Einwilligung soll in regelmäßigen Abständen aktualisiert werden, um sicher zu gehen, dass der User nach wie vor an dem Service interessiert und mit der Ortung einverstanden ist. Als Zeitraum sollte ein Jahr angemessen sein. Darüber hinaus sollte die Einwilligung jederzeit leicht widerrufbar und die Daten einsehbar und löschbar sein.

Die datenverarbeitende Stelle muss sicherstellen, dass ihre User wissen, dass sie ihre Daten sammelt und zu welchen Zwecken. Der User muss „Herr seiner Daten“ bleiben und selbst entscheiden können, ob er einwilligt oder nicht.

Der User würde daher am sinnvollsten geschützt, wenn Smartphone-Anbieter Ihre Geräten mit der Ortungsfunktion ab Werk ausgeschaltet verkaufen, so dass der User bei jeder einzelnen Inanspruchnahme des Systems selbst aktiv die Einschaltung vornehmen kann/muss. Die sicherste Möglichkeit wäre eine Displayanzeige, die ähnlich wie ein GPS-Icon oder ein Bluetooth-Icon fortwährend anzeigt, ob die Lokationsfunktion gerade ein- oder ausgeschaltet ist. Nur auf diesem Wege wäre gewährleistet, dass der User sich darüber bewusst ist, dass sein aktueller Standort in diesem Moment ermittelt und gespeichert wird.

Ob aus der unverbindlichen Empfehlung der Art.29-Datenschutzgruppe eine Richtlinie wird, bleibt abzuwarten. Da aktuell aber die Geräte meist noch ab Werk mit eingeschalteter Geolocation-Funktion angeboten werden, müssen User selbst aktiv werden, wenn sie ihre Ortung vermeiden wollen, und genau kontrollieren, ob und wann sie die Geolocation-Funktion Ihres mobilen Gerätes ein- beziehungsweise ausschalten.

Zudem sollte der User sich bewusst machen, wer denn alles Zugriff auf seine Geodaten hat. Denn bei der Erlangung von Geodaten sind die Anbieter der jeweiligen App, die Entwickler des genutzten Betriebssystems, die Kontrolleure des konkreten Geolocation-Angebots, sowie soziale Netzwerke oder andere Kommunikationsmedien, die beispielsweise „geotagging“ (Verortung von Fotos) anbieten, und nicht zu letzt der Telekommunikationsanbieter eingebunden.

Vielen Dank an unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin Frau Kristina Krupp für die wertvolle Recherche und Mitarbeit an diesem Beitrag.


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