Die EU im Kampf gegen den Terrorismus: Vorschlag für eine Verordnung zur Verhinderung der Verbreitung terroristischer Online-Inhalte

Trotz der positiven Ergebnisse freiwilliger Zusammenarbeit mit einigen Online-Plattformen will die  EU-Kommission im Kampf gegen terroristische Propaganda nun gesetzliche Maßnahmen ergreifen und hat daher am 12. September 2018 einen Vorschlag für eine Verordnung zur Verhinderung der Verbreitung terroristischer Online-Inhalte vorgelegt. Hiermit soll – ähnlich wie beim Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) – die Durchsetzung des geltenden Rechts auch im Internet gewährleistet werden. Dabei versucht die Kommission dem besonderen Gefahrenpotenzial des Internets, das vor allem durch die schnellen Verbreitungsmöglichkeiten entsteht, gerecht zu werden.

Hohe Anforderungen auch an kleine Anbieter

Adressaten der Verordnung sind in erster Linie die Hostingdiensteanbieter, die durch Nutzer bereitgestellte Informationen in deren Auftrag speichern und Dritten zur Verfügung stellen. Als Beispiele für solche Anbieter nennt der Vorschlag der Kommission insbesondere Social Media-Plattformen, aber auch andere Websites, auf denen die Nutzer Kommentare oder Rezensionen abgeben können. Damit dürften letztlich alle Onlineangebote in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen, in denen Nutzer Inhalte veröffentlichen können – also auch viele (Online-)Spiele.

Ebenso sind Anbieter, deren Niederlassungsort sich außerhalb des Uniongebiets befindet, erfasst, sofern sie ihre Dienstleistungen innerhalb der Union anbieten. Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs auf besonders große Hostingdiensteanbieter sieht der Vorschlag nicht vor. Der persönliche Anwendungsbereich ist damit wesentlich weiter gefasst als bei dem NetzDG, das nur soziale Netzwerke mit einer Nutzerbasis in Deutschland von mindestens zwei Millionen in die Pflicht nimmt.

In sachlicher Hinsicht richtet sich die Verordnung gegen terroristische Inhalte. Darunter versteht sie alle Materialien und Informationen, mit denen zu terroristischen Straftaten aufgerufen oder durch die solche Straftaten gefördert werden. Insbesondere Formulierungen, durch die radikale, polemische oder kontroverse Ansichten zu sensiblen politischen Fragen in der öffentlichen Debatte geäußert werden, sind hiervon aber ausdrücklich ausgenommen.

Welche Maßnahmen zur Bekämpfung solcher Inhalte zu ergreifen sind, wird durch die Verordnung detailliert geregelt. Im Folgenden werden daher nur die Kernpunkte der Regelungen genannt:

  • Entfernungsanordnungen: Die zuständige Behörde kann Entfernungsanordnungen erlassen, auf die der Hostingdiensteanbieter grundsätzlich innerhalb einer Stunde mit Entfernung oder Sperrung reagieren muss. Statt die Entfernung anzuordnen, kann die zuständige Behörde den terroristischen Inhalt auch nur melden. In diesem Fall ist der Hostingdienstanbieter lediglich zur Prüfung des gemeldeten Inhalts (ohne Fristsetzung) verpflichtet, kann aber eigenständig über die Entfernung/Sperrung entscheiden.
  • Proaktive Maßnahmen: Abhängig vom Risiko, das von den über die Plattform verbreiteten Inhalten ausgeht, sollen die Hostingdiensteanbieter auch proaktive Maßnahmen, etwa durch automatisierte Verfahren, ergreifen müssen, ohne aber zu einer allgemeinen Überwachung verpflichtet zu sein.
  • Einrichtung von Kontaktstellen und Beschwerdemechanismen: Für die Anordnungen und Meldungen der Behörden, sowie für Beschwerden gegen die Entfernung/Sperrung der eigenen Inhalte müssen entsprechende Kontaktstellen und Beschwerdemechanismen beim Hostingdiensteanbieter geschaffen werden.
  • Mehr Transparenz: Die erforderliche Transparenz soll durch jährliche Berichte hinsichtlich des Vorgehens gegen die Verbreitung terroristischer Inhalte durch die Mitgliedsstaaten und Diensteanbieter geschaffen werden.

Fazit und Ausblick

Soziale Netzwerke, die bereits mit der vom NetzDG vorgesehenen 24-Stunden-Frist haderten, sehen sich nun einer noch größeren Herausforderung ausgesetzt. Besonders belastend dürfte diese Regelung allerdings für kleine Hostingdiensteanbieter werden. Da die Regelung nicht nach der Größe des Anbieters differenziert, müssen auch kleine Unternehmen und sogar nicht-gewerbliche Betreiber von Foren oder Blogs mit Kommentarfunktion innerhalb kürzester Zeit auf Entfernungsanordnungen reagieren, um die Zahlung empfindlicher Bußgelder zu vermeiden. Ob die von der Kommission vorgesehene Unterstützung ausreichen wird, um auch diese Hostingdiensteanbieter vor einer Überlastung zu schützen, bleibt fraglich. Einige Websitebetreiber könnten sich daher durch die Verordnung gezwungen sehen, ihre Hosting-Dienste einzustellen.

Zu betonen ist, dass es sich bei der hier vorgestellten Verordnung lediglich um einen Vorschlag handelt. Etwaige Änderungen sind daher abzuwarten. Anbieter sollten weitere Entwicklungen gleichwohl genau verfolgen und sich rechtzeitig mit ihnen auseinander setzen.

Wir danken unserer wissenschaftlichen Mitarbeiterin Alina Betzemeier für die Mitarbeit an diesem Beitrag.


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