Zur Abwechslung mal wieder eine neue Widerrufsbelehrung

Zum 11.06.2010 tritt das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht in Kraft. Damit einher gehen einige materielle Änderungen beim Widerrufsrecht im Fernabsatz, sowie auch ein neues Musterformular.

Mit der Gesetzesänderung verliert insbesondere der jüngst sogar vor dem EuGH geführte Streit darüber, ob die Anzeige eines Textes auf einer Internetseite bereits der Textform genüge, im Bereich der Widerrufsbelehrung an praktischer Bedeutung. Wer bisher online B2C-Verträge abschloss, musste seinen Kunden entweder noch vor dem Vertragsschluss eine separate E-Mail  mit einer Widerrufsbelehrung schicken (was wenig praktikabel und auf Plattformen wie eBay sogar ganz unmöglich war), oder in Kauf nehmen, dass Verbraucher ihre Vertragserklärung statt innerhalb der gesetzlichen Regelfrist von zwei Wochen (künftig: „14 Tage“) einen ganzen Monat lang widerrufen konnten. Künftig wird dagegen unter bestimmten Voraussetzungen eine unmittelbar nach Vertragsschluss erfolgte Belehrung per E-Mail auch noch ausreichen. § 357 Abs. 3 S. 2 BGB n.F. bestimmt dazu:

Bei Fernabsatzverträgen steht ein unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform mitgeteilter Hinweis einem solchen bei Vertragsschluss gleich, wenn der Unternehmer den Verbraucher rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden Weise über die Wertersatzpflicht und eine Möglichkeit zu ihrer Vermeidung unterrichtet hat.

Eine Widerrufsbelehrung „light“, nämlich in Bezug auf Fragen der Wertersatzpflicht, muss dem Kunden also weiterhin vor Vertragsschluss angezeigt werden. Allerdings ist hierfür gerade nicht die Textform vorgeschrieben.

Außerdem ist die Muster-Widerrufsbelehrung „befördert“ worden: Aus einer Verordnung (BGB-InfoV a.F.) ist sie in das EGBGB gewandert und hat damit künftig Gesetzesrang. Außerdem bestimmt § 360 Abs. 3 BGB n.F.:

Die dem Verbraucher gemäß § 355 Abs. 3 Satz 1 mitzuteilende Widerrufsbelehrung genügt den Anforderungen des Absatzes 1 und den diesen ergänzenden Vorschriften dieses Gesetzes, wenn das Muster der Anlage 1 zum Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche in Textform verwendet wird.

Bei sklavischer Verwendung des gesetzlichen Musters kommt ein (abmahnfähiger) Wettbewerbsverstoß künftig auch bei Unzulänglichkeiten des Musters damit nicht mehr in Betracht.

Update 20.05.2010: So ausdrücklich auch die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage:

Die bislang in der BGBInfoV enthaltenen Muster für die Widerrufs- und für die Rückgabebelehrung werden durch das bereits verabschiedete Gesetz […] (BGBl. I 2009, S. 2355) in das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche überführt und damit Gesetzesrang erhalten. Damit können Gerichte die Muster in Zukunft nicht mehr als den Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuchs widersprechend ansehen, wodurch Abmahnungen in diesem Bereich zurückgehen dürften.

Allerdings sei allen Akteuren im Digital Business geraten, die Umstellung auf das neue Muster nicht zu verschlafen, gehören doch (vermeintlich) unzureichende Widerrufsbelehrungen zu den besonders beliebten Abmahnanlässen.


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