Virtuelle Bankenkrise

Die Wirtschaftskrise erreicht die virtuelle Welt – und zwar ganz anders als man denkt. In dem MMO Eve ist bei der „EBank“ ein Defizit in Höhe von 1,2 Billionen Einheiten der Ingame-Währung ISK entstanden, woraufhin alle Auszahlungen vorläufig gestoppt wurden. Die „Kunden“ müssen ihre eingezahlten ISK wohl vorläufig abschreiben.

Die „EBank“, die Kredite gewährte und Zinsen zahlte, wurde allein von Spielern betrieben, ohne dass der Betreiber des Spiels steuernd eingriff. Technische Grundlage des virtuellen Geldinstituts war allein die Möglichkeit, ingame Währungseinheiten auf andere Spieler zu übertragen, organisatorisch lebte das Geschäftsmodell allein vom Vertrauen der Nutzer. Eine technische Möglichkeit, die Bank zu Auszahlungen zu zwingen, sehen die Spielregeln von Eve nicht vor.

Umso spannender ist da natürlich die Frage, wer nun den Nutzern für den Schaden haftet – immerhin werden ISK auch für reales Geld gehandelt: 5 Milliarden ISK bekommt man für rund 260 Euro, der Gesamtschaden beläuft sich damit auf weit über 50.000 Euro. Zwar können „echte“ Verträge zwischen den Spielern auch ingame geschlossen und erfüllt werden. Um Ansprüche durchzusetzen, müsste aber zunächst die „real life“-Identität der potentiellen Anspruchsgegner festgestellt werden.

Fraglich ist auch, ob nicht auch die Betreibergesellschaft verpflichtet gewesen wäre, eine Art Bankenaufsicht einzurichten und folglich den Spielern gegenüber eine vertragliche Schutzpflicht verletzt hat. Selbst wenn man das bejaht, ist fraglich ob die Geschädigten eventuelle Haftungsansprüche gegen die in Island (!) ansässigen Betreiber der virtuellen Welt werden durchsetzen können.

In MMOs steigt also mit der Gestaltungs- und Handlungsfreiheit des einzelnen Spielers auch das Risiko unerwünschter Spieleffekte. Mit den Worten eines Bloggers:

See? Aren’t MMOs fun? You can escape from the global economic collapse to roleplay manage – a galactic economic collapse!

Auch insoweit spielte übrigens Second Life eine Vorreiterrolle: Dort hat die „Ginko Financial“ schon im Jahr 2007 die erste virtuelle Bankenpleite hingelegt.


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