Teilnahme an eSport Turnieren ohne Visum – geht das?

Aktuell ist die Fußball-WM in Russland in vollem Gange. Nur kurze Zeit später entscheidet sich noch eine weitere Weltmeisterschaft. Vom 2. bis 4. August trifft sich in London die FIFA-Weltelite. Dort findet dann das Grand Final 2018, der Höhepunkt der EA SPORTS FIFA 18 Glo-bal Series, statt. Auch in Deutschland gibt es regelmäßig internationale eSport-Veranstaltungen. Vom 6. bis zum 8. Juli 2018 treffen beispielsweise in Köln wieder die weltweit besten 16 Counter-Strike: Global Offensive (CS:GO)-Teams aufeinander und spielen um ein Preisgeld von umgerechnet circa EUR 259.424.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie eSportler an Turnieren in Deutschland teilnehmen können. Die besten eSport-Teams sind regelmäßig international besetzt. Um gemeinsam an den Veranstaltungen teilnehmen und ihr Team zum Sieg führen zu können, sind sie daher darauf angewiesen, dass alle Teammitglieder ungehindert einreisen dürfen. Aber können ausländische eSportler ohne Probleme nach Deutschland einreisen und an eSport Turnieren teilnehmen? Das hängt im Wesentlichen davon ab, ob eSport als Sportart anerkannt wird. Wir geben einen kurzen Überblick über den aktuellen Stand der Dinge.

Ausgangslage – Erfordernis eines Aufenthaltstitels

Unionsbürger und ihnen gleichgestellte Staatsangehörige des europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) benötigen aufgrund der allgemeinen Freizügigkeit innerhalb der EU kein Visum oder eine Aufenthaltserlaubnis. Schwieriger wird es für Bürger aus Staaten, die weder zur EU noch zum EWR gehören (sog. Drittstaaten). Sie benötigen einen Aufenthaltstitel nach dem Aufent-haltsgesetz, der die Erwerbstätigkeit ausdrücklich gestattet. Denn aufgrund der in Aussicht gestellten Preisgelder bei den Turnieren liegt bei den eSportlern eine Erwerbsabsicht vor.

Für eSportler kommen insofern grundsätzlich zwei Aufenthaltstitel in Betracht: als Selbstständige oder zur Ausübung einer (abhängigen) Beschäftigung. In jedem Fall bedarf es der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit; auch wenn es sich nur um ein 1-Tages-Event handelt. Wird hiergegen verstoßen, z.B. in dem die Erwerbsaussicht verschwiegen wird, können die Behörden ein Bußgeld von bis zu EUR 5.000,00 pro Einzelfall verhängen. Im worst-case kommt auch eine Strafbarkeit des eSportlers in Betracht.

Ausnahme für Sportler

Für traditionelle Sportler aus Drittstaaten (wie beispielsweise Lionel Messi) gibt es aber Ausnahmen. Diese benötigen zwar auch einen Aufenthaltstitel. Wenn es sich nur um kurze Tätigkeiten handelt greift aber die sogenannte „Nichtbeschäftigungsfiktion“ (maximal 90 Tage innerhalb eines Zeitraumes von 180 Tagen bzw. zwölf Monaten). Dann fällt die Tätigkeit der Berufsgruppe der „Sportler“ nicht unter den Begriff der Beschäftigung. Eine Zustimmung durch die Bundesagentur für Arbeit ist dann nicht erforderlich. Gilt das auch für eSportler, wie z.B. den brasilianischen Star Gabriel „FalleN“ Toledo oder den pakistanischen Pro-Gamer Syed Sumail „SumaiL“ Hassan? Streng genommen nur dann, wenn auch eSport als Sport anerkannt und nicht bloß als „besseres Hobby“ abgetan wird. Wie ist der Sachstand?

 eSport in anderen Nationen

eSport ist in Ländern wie den USA und China angesichts der zunehmenden Beliebtheit als Sportart anerkannt. Und auch in den Europäischen Ländern etabliert sich eSport immer mehr – so existieren z.B. in den Niederlanden und Schweden staatlich anerkannte eSport Verbände. Frankreich ist im letzten Jahr zum Schutz von eSportlern sogar den Schritt gegangen, sich in einem Gesetzesdekret mit der Definition des eSport-Begriffes auseinanderzusetzen und die Vertragsgestaltung von eSportlern mit Unternehmen zu regeln. Zudem ist durch das Asiatische Olympische Komitee (OCA) eSport am 17. April 2017 erstmals als offizielle Disziplin der 2022 in China stattfindenden Asienspiele zugelassen worden. Mit dieser Entscheidung der OCA, den digitalen Sport als Teil der Veranstaltung zuzulassen, wurde auf die wachsende eSports-Szene in Asien reagiert und die Anerkennung als eigenständige Sportart bestätigt. Auch im Zusam-menhang mit den Olympischen Spielen gibt es seit längerem Diskussionen darum, eSport offi-ziell als Disziplin anzuerkennen. So kam bei den Winterspielen 2018 in Südkorea fünf eSportlern bereits die Ehre zuteil, das olympische Feuer durch Seoul tragen zu dürfen. Ebenfalls ein wichtiger Schritt in die „richtige“ Richtung.

Rechtslage in Deutschland

Bislang ist eSport noch nicht offiziell als Sportart in Deutschland anerkannt. Die Landtagsparteien der Piraten in Nordrhein-Westfalen und der FDP in Hamburg wagten 2016 einen Vorstoß, diese Situation zu ändern. Ihre Anträge auf Anerkennung des eSports verliefen jedoch erfolglos. Im Koalitionsvertrag 2018 haben sich CDU/CSU und SPD bezüglich eSport wie folgt geäußert:

Wir erkennen die wachsende Bedeutung der E-Sport-Landschaft in Deutschland an. Da E-Sport wichtige Fähigkeiten schult, die nicht nur in der digitalen Welt von Bedeutung sind, Training und Sportstrukturen erfordert, werden wir E-Sport künftig vollständig als eigene Sportart mit Vereins- und Verbandsrecht anerkennen und bei der Schaffung einer olympischen Perspektive unterstützen.

Der Koalitionsvertrag stellt damit grundsätzlich die Weichen für eine (offizielle) Anerkennung. Wie genau die Bundesregierung ihr Versprechen umsetzen will, ist allerdings noch unklar.
Derzeit wird in Deutschland daher weiter rege diskutiert, ob eSport als Sportart eingeordnet werden soll oder nicht.

Skeptiker des eSports gibt es in Deutschland viele. So ließ beispielsweise der DFB-Präsident Reinhard Grindel erst im Frühjahr dieses Jahres verlauten, für ihn sei eSport „kein Sport“. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) erteilte dem eSport noch vor wenigen Jahren eine klare Absage, weil der eSports-Branche die Gemeinnützigkeit fehle. Das aber sei organisatori-sche Aufnahmebedingung.

Inzwischen zeigt man sich beim DOSB zumindest aufgeschlossen gegenüber dem eSport. Im Dezember 2017 haben dessen Mitglieder auf ihrer Jahresversammlung beschlossen, dass der DOSB eine Arbeitsgruppe zum Thema eSport einrichtet. Diese hat die Aufgabe, eine Position zu erarbeiten, an der sich Sportvereine und –verbände orientieren können. Im Herbst 2018 will man diese veröffentlichen. Beim DOSB nimmt die Sache also langsam Fahrt auf. Anstoß hierfür war unter anderem auch die Gründung des eSport-Bund Deutschland (ESBD) im November 2017, welcher sich als Interessensvertretung von eSportlern und eSportlerinnen im deutschen Amateur- und Spitzensportbereich sieht.

Betrachtet man die aktuelle öffentliche Diskussion, so überwiegen insgesamt die Stimmen, die eSport als „echten“ Sport ansehen und in dieser Weise auch etablieren wollen. Es gibt auch genügend Argumente, die für eine Aufnahme des eSports in die Kategorie als offizielle Sportart sprechen, unter anderem die folgenden:

  • eSportler erfüllen körperliche Anforderungen, die denen anderer Hochleistungssportler nahekommen. Es bedarf z.B. besonderer Geschicklichkeit, einer gekonnten Hand-Augen-Koordination oder auch einer enormen Reaktionsgeschwindigkeit.
  • Auch Sportarten wie Darts, Boccia oder Minigolf, bei denen die motorische Kraft lediglich durch den Gebrauch der Hände erfolgt, sind anerkannte Sportarten in Deutschland.
  • Beim eSport werden zwischenmenschliche Beziehungen entwickelt und ethische Werte eingehalten. Durch die im Rahmen der Events aufgestellten Regeln wird sichergestellt, dass Fairplay, aber auch Chancengleichheit besteht.
  • Durch den ESBD besteht auch eine für den Sport charakteristische Organisati-on der eSport Teams, deren Anzahl in den letzten Jahren rapide steigt.

Fazit

Die besseren Gründe sprechen dafür, eSport als offizielle Sportart anzuerkennen. Die neue Offenheit des DOSB gegenüber eSport spiegelt diesen Trend auch wieder. Im Herbst wissen wir, wie der DOSB sich positioniert. Mit Spannung ist auch zu erwarten, wann und auf welche Art und Weise die Bundesregierung ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag umsetzen wird. Diese sollte zügig Farbe bekennen und den eSport von Regierungsseite offiziell als Sportart anerkennen. eSportler und Behörden brauchen Rechtssicherheit darüber, ob sie der „Nichtbeschäftigungsfiktion“ unterliegen. Nur dann können Turnierteilnehmer aus Drittstaaten sich bei künftigen internationalen eSportveranstaltungen in Deutschland keine Gedanken mehr über die Erlaubnispflicht einer Beschäftigung machen, sondern sich – genau wie bei der laufenden Fuß-ball WM – auf die Vorbereitung und den Wettbewerb konzentrieren.


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