Reicht auch ‚Kaufen‘ nicht? Button-Lösung auf dem Prüfstand

Die jüngsten Testläufe etwa von Twitter in den USA zur Einführung eines „Buy-Buttons“ sind nur ein Beispiel für die ständige Weiterentwicklung und nahtlose Integration von e-commerce-Funktionen in digitale Inhalte.

Dabei wirft die Gestaltung gerade von Bestellschaltflächen konform zu den seit 2012 geltenden Vorschriften der „Button-Lösung“ bis heute rechtliche Fragen auf. So entschied etwa das Kölner Amtsgericht erst im April dieses Jahres – entgegen den ausdrücklichen Ausführungen in der Gesetzesbegründung -, dass eine Beschriftung des Bestell-Buttons mit dem Wort „Kaufen“  nicht ausreichend sei.

Eine vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz Anfang September veröffentlichte Studie bescheinigt der gesetzlichen Regelung dagegen grundsätzlichen Erfolg und vermag – merkwürdigerweise – keine Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Beschriftung des Buttons festzustellen.

Hintergrund

Seit 2012 müssen Unternehmer, die im e-commerce entgeltliche Leistungen an Verbraucher vertreiben (ganz gleich ob es sich um zu liefernde Waren oder digitale Inhalte wie Downloads oder In-Game-Währung handelt) die jeweilige Schaltfläche, mit der der Nutzer seine Vertragserklärung abgibt, mit den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder „einer entsprechenden eindeutigen Formulierung“ beschriften (§ 312j Absatz 3 Satz 2 BGB in der Fassung gültig seit 13.06.2014, vormals §312g Absatz 3 Satz 2 BGB).

Die Bundesregierung führt in ihrer Gesetzesbegründung als gleichwertig die Formulierungen „kostenpflichtig bestellen“, „zahlungspflichtigen Vertrag schließen“ und „kaufen“ an. Damit sollen Unklarheiten im Bestellvorgang vermieden werden, insbesondere wenn mit dem Betätigen der Schaltfläche gleichzeitig die Angabe der eigenen Daten bestätigt und die eigentliche Bestellung abgeschickt werden. Der Verbraucher soll dadurch vor Missverständnissen über die Kostenpflicht bei „neutralen“ Begriffen wie  „Anmelden“, „Bestellen“ oder „Weiter“ geschützt werden. Bei Online-Auktionen sollen nach der Gesetzesbegründung dagegen Formulierungen mit dem Bestandteil „Gebot“ ausreichen, weil dies dem Nutzer im Kontext des konkreten Angebots schon die Kostenpflichtigkeit deutlich mache.

Angesichts dessen wirkte schon die bisher verfügbare Rechtsprechung zur Gestaltung des Buttons eher etwas zu restriktiv.

Das Urteil des AG Köln

Das Amtsgericht Köln allerdings schießt den Vogel ab. In seiner jetzt bekannt gewordenen Entscheidung (Urteil vom 28.04.2014 – Aktenzeichen 142 C 354/13) stellt es sich ausdrücklich gegen die Gesetzesbegründung der Regierung. Der Gesetzestext verlange, dass die Erklärung, die der Kunde durch Anklicken der entsprechenden Schaltfläche abgibt, ausreichend klar und unmissverständlich formuliert ist. Dabei müsse nicht nur deutlich werden, dass durch das Anklicken die Bestellung erfolgt, sondern insbesondere dass der Kunde eine Zahlungspflicht eingeht. Gerade dieser Rechtsbindungswille sei im vorliegenden Fall durch den Begriff „Kauf“ nicht ausreichend betont. Das Gericht verweist dabei auf Modelle wie den Kauf auf Probe, die nicht unbedingt eine Zahlungspflicht nach sich ziehen. Den Gesetzesmaterialien misst das Amtsgericht lediglich erklärenden, nicht aber bindenden, Charakter zu. Mit einer schlüssigen Auslegung der gesetzlichen Regelung sei die Beschriftung mit dem Wort „Kauf“ jedenfalls nicht vereinbar.

Anders die Evaluierung…

Die kürzlich vom Bundesministerium veröffentlichte Studie zur Evaluierung der „Button-Lösung“ sieht hingegen keine Schwierigkeiten bei der Umsetzung der gesetzlichen Regelung in den vergangenen zwei Jahren. Demnach belegen sowohl Marktscreening als auch Unternehmensbefragung, dass die meisten Unternehmen die Schaltflächen gesetzeskonform beschriften. Die von Prof. Spindler und Prof. Thorun vorgelegte Studie geht auf Grundlage der Gesetzesunterlagen davon aus, dass fast 90% der von den Unternehmen gewählten Lösungen den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.

Die Studie geht dabei aber davon aus, dass Beschreibungen wie „kaufen“ oder „Jetzt kaufen“ zulässig sind. Dies deckt sich laut den Erhebungen der Studie mit der Ansicht der Verbraucher, die mehrheitlich von einer zulässigen Beschreibung ausgeht. Die Entscheidung des Amtsgerichts Köln berücksichtigt die Studie allerdings nicht.

Mehr als die Hälfte der Unternehmen wählen demnach eine Beschriftung, die auf Grundlage der Entscheidung des Amtsgerichts nun an den gesetzlichen Anforderungen scheitern würde. Während die Studie insgesamt die Umsetzung als erfolgreich lobt, fordern sowohl Stimmen in der Literatur (Alexander, NJW 2012, 1985, 1988) als auch immerhin 42% der Unternehmen klarere Vorgaben zur Beschriftung der Kauf-Buttons.

Einwände gegen die Rechtsprechung

Die Entscheidung des AG Köln ist, soweit bekannt nicht rechtskräftig. Die Berufung wurde ausdrücklich zugelassen. Zur Ehrenrettung des Gerichts sei zudem gesagt, dass die Gestaltung, über zu entscheiden war, gerade nicht nur einen rein mit „kaufen“ beschrifteten Button betraf, sondern wirklich einige Unklarheiten aufwies.

Die allgemeinen Ausführungen des Gerichts gehen trotzdem zu weit. Die Entscheidung des AG Köln wirkt völlig praxisfern und widerspricht dem de-facto-Konsens der beteiligten Akteure. Der Begriff „kaufen“ als solcher verwirrt Verbraucher nicht, sondern wird in der Alltagssprache eindeutig als Abschluss eines kostenpflichtigen Vertrags verstanden. Er ist, unbefangen betrachtet, für den Laien sogar noch deutlicher als das gestelzt-juristische „zahlungspflichtig bestellen“.

Fazit

Die besonders restriktive Auslegung des AG Köln dürfte insbesondere für die Spielebranche und gerade für Mobile Games problematisch sein, da hier für die Leistungen (etwa zeitlich befristete Premium-Services) oft noch nicht einmal Begriffe wie „kaufen“ oder „bestellen“ wirklich passen. Abweichungen von der sperrigen und gerade auf kleinen Bildschirmen von Mobilgeräten unschönen Formulierung „zahlungspflichtig bestellen“ sind noch einmal etwas riskanter geworden.

Es ist noch unklar, ob sich die Ansicht des AG Köln durchsetzen wird. Rechtliche wie tatsächliche Argumente sprechen dagegen. Bis insoweit Klarheit besteht, kann betroffenen Unternehmen aber nur geraten werden, ihre Button-Gestaltung zu überdenken. Rechtsicherheit gibt es, wie das Urteil zeigt, derzeit nur für die Beschriftung „zahlungspflichtig bestellen“.

Wir danken unserem wissenschaftlichen Mitarbeiter Daniel Weber für die Mitarbeit an diesem Beitrag.


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