Quellensteuerabzug bei Softwareüberlassung – Neues BMF-Schreiben

Nach einer ersten Stellungnahme vor ca. 7 Jahren hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) erneut Stellung zur Besteuerung von Lizenzeinkünften genommen. Mit dem BMF-Schreiben vom 27. Oktober 2017 (Gz. IV C 5 – S 2300/12/10003) präzisiert die Finanzverwaltung die steuerliche Behandlung von Lizenzeinkünften beschränkt Steuerpflichtiger aus der grenzüberschreitenden Überlassung von Software. In dem neuen BMF-Schreiben konzentriert sich die Finanzverwaltung auf die Überlassung von Software und Datenbanken im internationalen Kontext, was auch die Games-Branche betrifft.

Hintergrund und Games-Zusammenhang

Deutsche Entwickler und auch Publisher aus dem Ausland stehen oftmals vor Problemen im Zusammenhang mit der Frage, ob in Deutschland Quellensteuer auf Lizenzvergütungen gezahlt werden muss. Das neue BMF-Schreiben soll den in der Praxis häufig auftretenden Rechtsunsicherheiten Abhilfe schaffen.

Die Ausführungen des BMF basieren auf der Grundkonstellation, dass ein im Ausland ansässiger Lizenzgeber einem inländischen, d.h. in Deutschland ansässigen, Lizenznehmer Software zur Nutzung überlässt. Mit den Vergütungen, die der ausländische Lizenzgeber für die Nutzungsüberlassung erhält (sog. Lizenzgebühren), kann er in Deutschland (beschränkt) steuerpflichtig werden. Nach deutschem Steuerrecht besteht die Pflicht des Lizenznehmers, Quellensteuer einzubehalten und für Rechnung des Lizenzgebers an die Finanzverwaltung abzuführen, da Letzterer i.d.R. der (beschränkten) Steuerpflicht in Deutschland unterliegt. Ähnlich wie bei Einkünften aus Kapitalvermögen wird die Besteuerung „an der Quelle“, d.h. durch denjenigen vorgenommen, der die Lizenzzahlung leistet, also durch den Lizenznehmer. Dieser haftet im Inland auch für zu Unrecht nicht oder nicht in ausreichender Höhe einbehaltene Steuerbeträge. Der ausländische Lizenzgeber kann sich die einbehaltene Steuer in einem gesonderten Verfahren erstatten lassen, wenn die Steuer der deutschen Finanzverwaltung aufgrund einer Regelung eines Doppelbesteuerungsabkommens nicht zusteht.

Keine Differenzierung zwischen Individual- und Standardsoftware

Die vormalig durch die Finanzverwaltung vorgenommene Differenzierung zwischen Standard- und Individualsoftware soll fortan steuerrechtlich für die Beurteilung, ob der ausländische Lizenzgeber in Deutschland steuerpflichtig ist, unerheblich sein. Auch ist Art der Softwareüberlassung nach dem neuen BMF-Schreiben für die steuerrechtliche Behandlung irrelevant, so dass sowohl eine Softwareüberlassung per Datenträger als auch eine internetbasierte zu inländischen Einkünften des Lizenzgebers führen kann.

Umfassende Nutzungsrechte zur wirtschaftlichen Weiterverwertung

Das entscheidende Kriterium für Einkünfte aus der Überlassung von Rechten im Zusammenhang mit grenzüberschreitender  Softwareüberlassung und der damit einhergehenden Quellensteuerpflicht in Deutschland sind „umfassende Nutzungsrechte zur wirtschaftlichen Weiterverwertung“: Nur wenn eben solche umfassenden Nutzungsrechte zur wirtschaftlichen Weiterverwertung an den inländischen Lizenznehmer übertragen werden, können inländische Einkünfte des Lizenzgebers und eine damit einhergehende Quellensteuerpflicht ausgelöst werden. Als Regelbeispiele für diese Rechte nennt das BMF „Vervielfältigungs-, Bearbeitungs-, Verbreitungs- und Veröffentlichungsrechte“. Ferner bedient sich die Finanzverwaltung im Rahmen der Definition derartiger umfassender Nutzungsrechte einer Negativdefinition: Die Nutzungsrechte seien nämlich dann nicht umfassend, wenn die Überlassung der Funktionalität einer Software im Vordergrund des Vertrages stehe, also lediglich der bestimmungsgemäße Gebrauch der Software Vertragsgegenstand sei. Soll also lediglich die Anwendung der Software ermöglicht werden, sind die eingeräumten Nutzungsrechte an der Software nicht umfassend und lösen keine Quellensteuerpflicht aus.

Umfassende Nutzungsrechtseinräumungen sind regelmäßig bei Auftragsproduktionen und in Freelancerverträgen zu finden. Hier muss man besonders aufpassen.

Keine Quellensteuerpflicht beim Vertrieb von überlassenen Programmkopien

Das Recht zum Vertrieb von überlassenen Programmkopien ohne weitergehende Nutzungs- und Verwertungsrechte an der Software selbst führt zu keinen der deutschen Quellensteuer unterliegenden Einkünften. Dies sollte jedoch nicht gelten, wenn die Programmkopien vom Lizenznehmer selbst hergestellt werden.

Vorsicht bei gemischten Verträgen

Es ist darüber hinaus zu beachten, dass die Softwarenutzung von der Erbringung damit im Zusammenhang stehender Dienstleistungen abgegrenzt werden muss. Dies beruht grundsätzlich darauf, dass die Erbringung einer Dienstleistung selbst regelmäßig nicht dem deutschen Quellensteuerabzug unterliegt. Dementsprechend muss bei gemischten Verträgen eine Vergütungsaufteilung vorgenommen werden; sofern dies nicht vorgenommen wird, kann die Finanzverwaltung eine Schätzung vornehmen.

Insgesamt kann mit dem BMF-Schreiben in einer Vielzahl von Fällen anhand des Kriteriums der umfassenden Nutzungsrechte zur wirtschaftlichen Weiterverwertung eine trennscharfe Differenzierung vorgenommen werden, ob durch Zahlung von Lizenzgebühren für grenzüberschreitende Softwareüberlassung an ausländische Lizenzgeber eine Quellensteuerpflicht in Deutschland entsteht oder nicht. Nichtsdestotrotz muss stets der jeweilige Einzelfall genau betrachtet werden, da in Sonderfällen eine exakte Differenzierung nach wie vor schwerfallen kann.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Kommentare

Schreibe einen Kommentar