Neue Regulierung von Onlinegames in China – Folgen für die Branche weltweit?

Eine neue Regulierungsinitiative aus China lässt die Game-Community weltweit aufhorchen: Das chinesische Kultusministerium veröffentlichte vor kurzem auf seiner Internetseite ein neues Gesetz zur Regulierung von Online Games (s. hier), welches insbesondere die Pflicht für Publisher vorsieht, genaue Informationen zu den virtuellen Gegenständen, die ein Spieler innerhalb des Games „zufallsbasiert“ erhalten oder mit Hilfe von Ingame-Käufen erwerben kann, zu veröffentlichen. Während insbesondere bei Gamern im Ausland dieser neue Regulierungsansatz weitestgehend auf Beifall stößt und nun vor allem über die internationalen Auswirkungen spekuliert wird, bleiben die tatsächlichen Folgen für die Online-Games-Branche ungewiss.

Inhalt der Regelung

Im Internet kursiert seit Dezember 2016 eine Übersetzung von Teilen der genannten Regulierung (s. hier), welche im Mai 2017 in Kraft treten soll. Demnach sollen Publisher von Online Games auf dem chinesischen Markt folgende Verpflichtungen treffen:

 2.6 – Online game publishers shall promptly publicly announce information about the name, property, content, quantity, and draw/forge probability of all virtual items and services that can be drawn/forge on the official website or a dedicated draw probability webpage of the game. The information on draw probability shall be true and effective.

 2.7 – Online game publishers shall publicly announce the random draw results by customers on notable places of official website or in game, and keep record for government inquiry. The record must be kept for more than 90 days. When publishing the random draw results, some measures should be taken place to protect user privacy.

Publisher müssen demnach auf ihrer Webseite oder innerhalb des Spiels deutlich insbesondere Namen, Eigenschaften, Häufigkeit und vor allem die „Ziehungswahrscheinlichkeit“ von virtuellen Gegenständen und Dienstleistungen, deren Erwerb auf Zufallsbasis erfolgt, hinweisen. Im Fokus der Regelung stehen damit insbesondere sogenannte „Loot Boxes“ und mit ihnen vergleichbare Spielmechanismen.

Was sind „Loot Boxes“?

„Loot Boxes“ können vom Spieler zumeist in Rahmen von Ingame-Käufen erworben werden und enthalten eine Mehrzahl von Items (z.B. sog. „Skins“ für bestimmte Figuren oder Gegenstände im Spiel) unterschiedlicher Güte und Verbreitungsgrad. Welche Items sich genau in einer „Loot Box“ befinden, ist dem Spieler vor dem Kauf nicht bekannt. Der Inhalt bestimmt sich jeweils anhand vom Spiel festgelegten, für den Spieler grundsätzlich nicht einsehbaren Wahrscheinlichkeitswerten. Während der Spieler somit durch „Loot Boxes“ an weitere, gegebenenfalls seltene Ingame-Items kommt, mit denen er seinen Spielcharakter verbessern oder personalisieren kann, bedeutet dies für Publisher einen wichtigen Monetarisierungsmechanismus für ihre Online und Mobile Games. So sind „Loot Boxes“ bereits fester Bestandteil von einer Großzahl von beliebten Spielen wie beispielsweise „Overwatch“ oder „Clash Royale“.

Mögliche internationale Folgen der chinesischen Regulierung

Fraglich ist insbesondere, inwiefern dieses Vorhabens auch Auswirkungen außerhalb Chinas besitzen wird.

Dadurch, dass die Publisher sichtbar die chinesischen Spieler in ihren Spielen oder auf ihrer Internetseite auf die genannten Daten hinweisen werden müssen, werden sie über kurz oder lang auch außerhalb Chinas Spielern zur Verfügung stehen.

Aus Sicht der Spieler bedeutet dies – und zwar weltweit – Folgendes: Da man davon ausgehen kann, dass diese Spieldaten in allen Ländern sich gleichen, könnten Spieler dann prinzipiell überall auf der Welt vor dem Erwerb einer „Loot Box“ oder vergleichbaren Ingame-Produkten zunächst nachschauen, ob sich der Ingame-Kauf wirklich für sie „lohnt“, um etwaige Items zu erwerben. Inwiefern diese Transparenz einen tatsächlichen Einfluss auf die Spieler besitzen wird, ist aber fraglich. Einerseits könnten Spieler durch ungünstige Wahrscheinlichkeitsverhältnisse zukünftig von einem Ingame-Kauf abgeschreckt werden und sicherlich verlieren die „Loot Boxes“ und vergleichbare Systeme durch das Aufdecken der Wahrscheinlichkeiten ein Stück an ihren Reiz. Andererseits müssen – wie Lotto und Co gerade zeigen – auch ungünstige Prognosen nicht zwangsläufig Spieler davon abhalten, Geldbeträge für ein liebgewonnenes Spiel in die Hand zu nehmen.

Für die Publisher könnte dieses Szenario zumindest die Möglichkeit schaffen, mit für den Spieler günstigere Wahrscheinlichkeitsverteilungen weitere Gamer anzulocken und Konkurrenten so auf dem Markt auszubooten. Ob Wahrscheinlichkeitsverteilungen von Ingame-Items jedoch wirklich einen entscheidenden „Selling Point“ für Games aus Sicht der Spieler darstellt, mag hier zumindest vorsichtig in Frage gestellt werden.

Ungeachtet dessen ist es jedoch auch möglich, dass Publisher die Daten für China zwar veröffentlichen, schließlich aber für andere Regionen der Welt diese ändern und anpassen. Nach diesem Szenario könnten die Spieler im Ausland zwar gegebenenfalls einen Eindruck von bestimmten Wahrscheinlichkeitsverhältnissen bekommen. Ein Spieler weiß jedoch bereits auch jetzt, dass ein hochwertiger seltener Gegenstand entsprechend nur selten in „Loot Boxes“ vorzufinden sein wird.

Fazit

Wenn die genauen Auswirkungen der Regulierung damit noch nicht absehbar sind, kann jedoch festgehalten werden: Die Folgen werden – auf die ein oder andere Weise – auch international sich bemerkbar machen. Über die genauen Folgen und etwaigen Reaktion in der Games Branche kann weiterhin nur spekuliert werden. Ein offizielles Statement von Seiten der Publisher fehlt hierzu bislang.

Wir danken unserem wissenschaftlichen Mitarbeiter Benjamin Dankert für die Mitarbeit an diesem Beitrag


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