LG München: Kein Schriftformerfordernis für Kündigungen in Online-AGB

Das LG München I hat mit einem jetzt bekannt gewordenen Urteil vom 30. Januar 2014 (Az. 12 O 18571/13) (Volltext) entschieden, dass ein Onlinedienst die Wirksamkeit von Kündigungserklärungen seiner Kunden nicht in AGB an ein Schriftformerfordernis knüpfen kann – selbst wenn die Klausel ausdrücklich eine Übersendung per Telefax erlaubt.

Das – noch nicht rechtskräftige – Urteil ist gegen den Betreiber einer Dating-Plattform ergangen, hat aber natürlich auch für die Games-Branche Konsequenzen. Auf den ersten Blick überrascht es, weil ein Umkehrschluss aus § 309 Nr. 13 BGB eigentlich die Folgerung nahelegt, dass eine reine Schriftformklausel zulässig sein müsste. Das LG München I sieht das aber anders, und die Argumentation des Gerichts ist auf Onlinespiele gut übertragbar.

Die streitgegenständliche Klausel hatte folgenden Wortlaut:

Die Kündigung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Die elektronische Form ist ausgeschlossen. Die Übersendung per Fax genügt. Die Kündigung muss Benutzername, Kundennummer, Transaktions- bzw. Vorgangsnummer enthalten.

Die Klägerin, der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv), hatte darin einen Verstoß gegen §§ 309 Nr. 13, 307 BGB gesehen. Die übrige Kommunikation der Beklagten mit ihren Kunden laufe ausschließlich online ab, und ein schützenswertes Interesse daran, gerade die Kündigung einem strengeren Formerfordernis zu unterstellen, bestehe nicht. Außerdem sei die Klausel widersprüchlich und damit intransparent, weil Schriftformerfordernis und Telefax-Übermittlung sich ausschlössen.

Letzteres Argument des vzbv überzeugt nicht. Bei einem nur vertraglich vereinbarten (d.h. nicht gesetzlich vorgesehenen) Schriftformerfordernis ist vielmehr schon nach § 127 Abs. 2 BGB im Zweifel ein Fax ausreichend.

Pflichtangaben als Formerfordernisse

Hierauf kam es indes nicht entscheidend an (und im Urteil ist dieser Punkt auch offen gelassen). Das Gericht ging nämlich über die Rechtsausführungen der Verbraucherzentrale sogar noch hinaus und stellte einen direkten Verstoß gegen § 309 Nr. 13 BGB fest. Nach dieser Norm sind AGB-Klauseln unwirksam, die strengere Formerfordernisse als die Schriftform vorsehen. Das Gericht sah die Verpflichtung zur Angabe von Benutzernamen und Kundennummern unter der (gebotenen) Zugrundelegung der kundenfeindlichsten Auslegung nicht als bloße Regelung des Kündigungsinhalts, sondern als weitere Formvoraussetzung an, womit der Verbotstatbestand erfüllt war.

Nicht immer ist die Schriftform OK

Aber auch unter dem Gesichtspunkt der (sonstigen) unangemessenen Benachteiligung sei die Klausel unwirksam: Denn wenn ein Vertragsverhältnis in seiner Begründung und Durchführung rein auf Online-Kommunikation ausgelegt sei, dürfe der Anbieter seinen Kunden nicht ausgerechnet die Kündigung durch Aufzwingen eines anderen Kommunikationsweges erschweren. Zu berücksichtigen sei auch, dass eine Kündigung per Brief naturgemäß nicht so schnell zugehen könne wie eine telefonische oder per E-Mail erklärte Kündigung. Der Umkehrschluss aus § 309 Nr. 13 BGB sei kein Automatismus. Zwar sehe die gesetzgeberische Wertung die Schriftform grundsätzlich als angemessen, aber je nach Vertragstyp und Umständen der Vertragsdurchführung gäbe es auch Ausnahmen von diesem Grundsatz.

Den Einwand der Beklagten, ihr Kunden würden sich zunächst oft unter Pseudonymen oder mit falschen Daten anmelden, ließen die Richter nicht gelten. Auch in Anbetracht dieser Tatsache sei der Schriftformzwang unangemessen. Einer etwaigen Missbrauchsgefahr könne auch anders Rechnung getragen werden.

Alle diese Erwägungen gelten auch und gerade für typische Online-Spiele, bei denen oft ebenfalls zunächst nur eine Anmeldung mit E-Mail-Adresse und Passwort erfolgt und eine Kommunikation per Brief von keiner Seite wirklich gewünscht ist.

Fazit & Praxishinweise

Abermals, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Allerdings zeigt es wieder einmal, dass die Verbraucherzentralen mit unverminderter Intensität gerade auch die AGB von Online-Anbietern unter die Lupe nehmen. Daher kann nur empfohlen werden, bei der Formulierung von Kündigungsklauseln in AGB vorsichtig vorzugehen. Ein Schriftformerfordernis sollten Online-Anbieter derzeit jedenfalls nicht verwenden. Auch konkrete Einzelangaben (Kundennummer, etc.) sollten nicht verlangt werden. Selbst wenn solche Angaben ausdrücklich nicht Wirksamkeitsvoraussetzung einer Kündigung sind sondern nur im Interesse des Kunden zur schnelleren Bearbeitung erbeten werden, ist je nach konkreter Formulierung nicht ausgeschlossen dass die Gerichte hierin einen Transparenzverstoß erblicken.


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Kommentare

2 Antworten zu „LG München: Kein Schriftformerfordernis für Kündigungen in Online-AGB“

  1. Avatar von Arne Rathjen, Rechtsanwalt

    Eine per Fax übermittelte Kündigung in schriftlicher Form genügt m. E. nicht der Schriftform. Sie ist dann in Textform abgegeben.

    Die besagte Klausel ist wohl, da in sich widersprüchlich, aufgrund ihrer Unklarheit ungültig.

  2. Avatar von Felix Hilgert

    Das kommt drauf an 😉 – wenn es sich um eine gesetzlich angeordnete Schriftform handelt, sehe ich das wie Sie.
    Aber bei einer gewillkürten Schriftform genügt nach § 127 Abs. 2 im Zweifel eben doch ein Fax. Anders wäre das, wenn in der Schriftformklausel die telekommunikative Übermittlung ausgeschlossen würde. Im Ergebnis aber war die Klausel in dem hier vorliegenden Fall wirklich nicht gerade glasklar.

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