Leutheusser-Schnarrenberger: Keine Netzsperren in Deutschland

Am Rande der Verhandlungen über das Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) hat die Bundesjustizministerin zur deutschen Position in Sachen Netzsperren Stellung bezogen. Internetprovider z.B. in Frankreich müssen ihren Kunden den Zugang zeitlich befristet kappen, wenn diese zum dritten Mal („graduate response“) beim rechtswidrigen Upload von urheberrechtlich geschütztem Material erwischt werden. Einen ähnlichen Mechanismus sah auch ein ACTA-Diskussionsentwurf vor. Dem erteilte Frau Leutheuser-Schnarrenberger in einem Interview nun eine Absage:

Die Bundesregierung wird kein völkerrechtliches Abkommen akzeptieren, das Netzsperren enthält. […] Die Absage an Netzsperren ist die gemeinsame Überzeugung der gesamten Bundesregierung. Im Koalitionsvertrag haben wir festgelegt, dass keine Initiativen für gesetzliche Internetsperren ergriffen werden.

Deutliche Worte.


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5 Antworten zu „Leutheusser-Schnarrenberger: Keine Netzsperren in Deutschland“

  1. Avatar von Dominik Boecker
    Dominik Boecker

    „Im Koalitionsvertrag haben wir festgelegt, dass keine Initiativen für gesetzliche Internetsperren ergriffen werden.“

    Mit dem Problem, dass das Gesetz zu den Sperren von Angeboten mit Kinderpornographischen Inhalten schon durch das Parlament war und beim BPräs zur Unterschrift lag, als es für die FDP in die Koalitionsverhandlungen ging.

    Rein von der Grundaussage her – keine Initiativen – richtig. Im Tatsächlichen aber nicht so deutlich, sodass ich die Aussage

    „Deutliche Worte.“

    nicht zu 100% unterschreibe.

    Herzliche kollegiale Grüße vom Rudolfplatz
    Dominik Boecker

  2. Avatar von Felix
    Felix

    Ein richtiger Einwand – andererseits bestehen aber auch gravierende Unterschiede zwischen den punktuellen Netzsperren im Sinne des Zugangserschwernisgesetzes (die eigentlich ja nur „Seitensperren“ wären) und den befristeten, aber umfassenden Zugangssperren im Rahmen der „Graduate Response“ wie im französischen HADOPI-Gesetz, so dass die Position der FDP in dieser Frage mE trotzdem recht eindeutig erscheint.

  3. Avatar von Dominik Boecker
    Dominik Boecker

    Seitensperren? Mag sein, dass der Gesetzgeber das so gemeint hat (respektive gemeint haben könnte), aber nach dem Wortlaut(!) des ZugErschwG kann das komplette(!) WWW dichtgemacht werden.

    Nach dem Wortlaut des ZugErschwG können gesperrt werden: vollqualifizierte Domainnamen, IP-Adressen und Zieladressen. Ein vollqualifizierter Domainname ist – lassen wir die Diskussion um die Unsinnigkeit des Begriffes an sich – mal rein technisch betrachtet auch das „“; nämlich der Teil, der sich rechts von einer Top-Level-Domain befindet. Der kann als FQDN eingetragen werden und in dem Moment ist das komplette WWW weg.

    Nicht gewollt: mag sein. Vom Wortlaut gedeckt: definitiv.

    MfkG
    Dominik Boecker

  4. Avatar von Felix
    Felix

    Sicher ist das vom Wortlaut gedeckt – übrigens auch ohne die Verrenkungen rechts der TLD. Man könnte ja auch einfach jede einzelne IP-Adresse in die Sperrliste aufnehmen.

    Damit wird mE auch schon deutlich, dass Ihr nordkoreanisch anmutendes Szenario allenfalls akademisch ist, denn zum Einen wird „das komplette WWW“ die sonstigen Tatbestandsmerkmale von § 1 Abs. 1 und 2 ZugErschwG (als da wären: Inhalt oder Zweckbestimmung = Kinderpornographie UND Maßnahmen zur Löschung nicht erfolgversprechend) nicht erfüllen, und zum Anderen ist die Norm ja nicht nur nach dem Wortlaut, sondern auch nach Telos und Systematik verfassungskonform auszulegen – und da kommt ganz sicher keine Ermächtigungsgrundlage zur Internetabschaffung bei heraus.

    Ich bleibe also dabei, dass nach ZugErschwG einzelne Angebote für alle Nutzer gesperrt werden, was sich erheblich von der Graduate Response unterscheidet, bei der alle Angebote für einzelne Nutzer gesperrt werden.

    MfG
    Felix Hilgert

  5. Avatar von Dominik Boecker
    Dominik Boecker

    „übrigens auch ohne die Verrenkungen rechts der TLD“

    Ich verabschiede mich an dieser Stelle, weil mir meine Zeit für mehr zu schade ist: Technische Grundlagen der IT als „Verrenkungen“…

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