Italienische Behörde ermittelt wegen Missbräuchen bei Free-to-Play-Spielen

Vergangene Woche wurde gemeldet, dass die  italienische Markt- und Wettbewerbsbehörde (Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato) Ermittlungen gegen mehrere Anbieter von digitalen Spielen aufgenommen hat. Zu den betroffenen Unternehmen gehören Tochtergesellschaften von Google, Apple, Amazon und Gameloft. Die Ermittlungen konzentrierten sich auf die Bewerbung von Apps als „kostenlos“, bei denenen Verbraucher, um weiterspielen zu können, doch entgeltliche Verträge abschließen und bezahlen müssen. Allerdings erheben die Behörden noch weitere Vorwürfe, die gerade nicht spezifisch mit Free-to-Play zu tun haben, so dass gegenwärtig noch unklar ist, was die Verfahren für die Gestaltung von Spielen im Einzelnen bedeuten werden.

Hintergrund

Die Firma Gameloft produziert und vermarktet das Mobile-Spiel “Little Pet Shop”, das über Google Play, den Amazon App-Shop (jeweils für Android) und iTunes (für iOS) kostenlos heruntergeladen werden kann. Der Protagonist des Spiels (und der TV-Kinderserie auf der es basiert) ist ein Kind, das in der Nachbarschaft eines Kleintierladens lebt und aufgrund seiner besonderen Fähigkeit, mit den Tieren zu sprechen, dort verschiedene Events durchführt und sich um die Tiere kümmert. In diesem Zuge erwirbt der Protagonist Haustiere und Gegenstände, die zur Erhaltung ihrer Gesundheit und zum Transport erforderlich sind, sowie Tiernahrung. Diese Käufe werden mit den Spielwährungen “Bling” oder “Kibble” bezahlt, wobei “Bling” als „harte“ Währung für „echtes“ Geld per In-App-Kauf erworben werden kann (etwa 200 Bling im Paket for 17,99 Euro).

“Little Pet Shop” wird in den Onlinestores als “Gratis”-App beworben. Der graphischen Gestaltung des Spiels nach zu urteilen, scheint es sich an Kinder zu richten, was von den Verweisen auf die zugrunde liegende TV-Serie bestätigt wird.

Wettbewerbsverstoß?

Die Behörden sehen in dieser Gestaltung einen Wettbewerbsverstoß durch irreführende Werbung und aggressive Geschäftspraktiken – allerdings scheint es bei dem Angebot in den diversen App Stores noch an weiteren Stellen Verbesserungsbedarf gegeben zu haben. Die Ermittlungen erfolgen nämlich insbesondere unter den folgenden Gesichtspunkten, die nicht unbedingt nur mit der Bewerbung des Spiels als „gratis“ zusammenhängen, sondern eher auf Probleme mit der Gestaltung der App Stores als solche hindeuten:

  1. Unvollständige und irreführende Information zu den Kosten, die tatsächlich anfallen, um das Spiel in seiner Gänze spielen zu können;
  2. Fehlende Information zu Kaufangeboten und Zahlungsmodalitäten;
  3. Fehlen der Anschrift des Anbieters und zu den Widerrufsmöglichkeiten;
  4. (nur gegen Gameloft) Direkte Kaufaufforderungen an Kinder (insoweit eine Parallele zum Runes of Magic-Fall) sowie die Möglichkeit, In-Game-Währung im Austausch gegen das Betrachten von Werbeclips für andere Free-to-Play-(Kinder)Spiele zu erhalten.

Diese Praktiken verstoßen gegen Artikel 20 ff. des italienischen Verbrauchergesetzbuches (Codice del consumo, Legislativdekret Nr. 206/2005), die auch der Umsetzung der EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-Richtlinie) dienen und für deren Durchsetzung die Markt- und Wettbewerbsbehörde nach Art. 27 zuständig ist.

Gerade der letzte Punkt der Liste könnte juristischen Sprengstoff bergen. Der Tausch „Währung gegen Werbung“ ist jedenfalls bei Free-to-Play-Spielen weit verbreitet.

Wie es weitergeht

Die Parteien sind zunächst aufgefordert worden, spezifische Unterlagen vorzulegen, und können auch darüber hinaus innerhalb von 20 Tagen nach Zustellung der entsprechenden Benachrichtigung schriftlich zu den Vorwürfen Stellung nehmen. Die Ermittlungen sollen spätestens 210 Tage nach dieser Benachrichtigung abgeschlossen sein (auch wenn eine Verlängerung dieser Frist möglich ist und angesichts der Komplexität der Angelegenheit nicht unwahrscheinlich erscheint). Die Markt- und Wettbewerbsbehörde kann ein Bußgeld bis zu 5 Millionen Euro verhängen.

Fazit

Europaweit gehen Verbraucherschützer in unterschiedlicher Form gegen empfundene Mißstände im bereich der Bewerbung, der Vermarktung und des Betriebs von Free-to-Play-Spielen vor. Dabei unterscheiden sich die Instrumentarien deutlich – von behördlichen „best practices“ wie in England über private Unterlassungsklagen wie in Deutschland reicht die Bandbreite bis hin zu behördlichen Sanktionsmaßnahmen. Trotz der Vielzahl der Erscheinungsformen sind die zugrunde liegenden geschriebenen Rechtsnormen in der EU weitgehend vereinheitlicht. Auch bei der Durchsetzung ist auf eine sinnvolle Vereinheitlichung der Maßstäbe mit dem nötigen Augenmaß zu hoffen.

Ein Beitrag von Felix Hilgert mit Edoardo Tedeschi und Giulio Della Casa (beide Osborne Clarke Mailand)


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