BGH: Widerrufsbelehrung nur auf Website reicht nicht

Der Bundesgerichtshof hat seine bisherige Rechtsprechung bestätigt, wonach die bloße Möglichkeit der Einsichtnahme einer Widerrufsbelehrung – bspw. durch den Abruf von einer gewöhnlichen Webseite („ordinary website“) – den gesetzlichen Anforderungen an die Form nicht genügt. Voraussetzung für den Beginn der Widerrufsfrist ist grundsätzlich, dass sich der Verbraucher die Widerrufsbelehrung ausdrucken oder abgespeichern kann. Das Urteil ist zwar noch zur alten Rechtslage vor Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie ergangen – seine Erwägungen lassen sich aber auf das aktuelle geltende Recht übertragen.

In dem jetzt veröffentlichten Urteil vom 15.05.2014 (Az. III ZR 368/13) (Volltext, PDF) legt das Gericht das Erfordernis der „Mitteilung“ der Widerrufsbelehrung „in Textform“ dahingehend aus, dass die für die Widerrufsbelehrung erforderlichen Informationen in einer zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise sowohl von Unternehmer abgegeben werden als auch dem Verbraucher zugehen müssen. Die bloße Abrufbarkeit der Widerrufsbelehrung auf einer gewöhnlichen Webseite („ordinary website“) des Unternehmens reiche hiernach nicht aus, weil die Belehrung auf diese Weise nicht in einer unveränderlichen textlich verkörperten Gestalt in den Machtbereich des Verbrauchers gelangt.

Erforderlich ist nach Ansicht des Gerichts, dass der Verbraucher die Belehrung per Briefpost oder E-Mail erhält, oder auf seinem Computer abspeichert und selbst ausdruckt. Bei diesen beiden Alternativen wäre der Unternehmer im Streitfall beweisbelastet dafür, dass der Verbraucher dies auch tatsächlich getan hat, so dass es nicht empfehlenswert ist, sich hierauf zu verlassen. Der BGH verweist auf den EuGH, demzufolge es Aufgabe des Unternehmers ist, dem Verbraucher die Belehrung in Textform zu übermitteln, und nicht Aufgabe des Verbrauchers, sich diese Belehrung selbst zu verschaffen.

Der Senat stellte darüber hinaus klar, dass die (in der Praxis häufig zu findende) obligatorisch zu bestätigende Checkbox mit dem Inhalt „Widerrufsbelehrung zur Kenntnis genommen und ausgedruckt oder abgespeichert?“ bereits deshalb unwirksam sei, weil sie zum Nachteil des Verbrauchers von verbraucherschützenden Normen abweiche; namentlich eine Beweislastumkehr zu dessen Nachteil statuiere. Dementsprechend sei es dem Verbraucher auch trotz der Tatsache, dass er die Checkbox angeklickt hat, nicht verwehrt, sich auf etwaige Mängel der Mitteilung der Widerrufsbelehrung zu berufen.

Das Gericht ließ offen, ob die Zurverfügungstellung der Widerrufsbelehrung auf einer so genannten fortgeschrittenen Webseite („sophisticated website“) den gesetzlichen Anforderungen genügt. Es deutete mit Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH jedoch an, dass dies unter der Prämisse denkbar ist, dass die fortgeschrittene Webseite Elemente enthält, die den Verbraucher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dazu anhalten, die Informationen in Papierform zu sichern oder dauerhaft zu speichern, oder wenn sie einen sicheren Speicherbereich für den einzelnen Verbraucher vorsehen, auf den dieser mittels Passwort zugreifen kann, so dass der Unternehmer keine Möglichkeit hat, die dort abgelegten Daten nachträglich zu ändern.

Fazit & Praxishinweise

Auch nach Inkrafttreten des Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 20.09.2013 (BGBl. I S. 3642) mit Wirkung vom. 13.06.2014 (siehe hierzu unsere Miniserie Verbraucherschutzrecht) hat sich die rechtliche Beurteilung in dieser Sache nicht geändert: nach wie vor wird die Textform einer Widerrufsbelehrung nur gewahrt, wenn sie auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird. Nach § 126 BGB n.F. ist ein dauerhafter Datenträger jedes Medium, das (i) es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und (ii) geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben.

Zwar hat der Senat angedeutet, dass diesen Erfordernissen durch die Zurverfügungstellung auf einer „sophisticated website“ entsprochen werden könnte. Alleine aufgrund des Umstands, dass dies praktisch wohl nur über die Zurverfügungstellung eines (vom Unternehmer unantastbaren) passwortgeschützen Bereichs zu bewerkstelligen ist, da eine „sophisticated website“ sich kaum so gestalten lässt, dass der User sich zum Ausdruck bzw. zum Abspeichern der Widerrufserklärung angehalten fühlt,  ist der sicherste und einfachste Weg zur Einhaltung der Formvorschriften immer noch der Versand von Widerrufsbelehrungen durch  separate E-Mail (in der Regel als Anhang zur Bestätigungs-E-Mail).

Wir danken Herrn Rechtsreferendar Fabian Neumann für die Mitwirkung an diesem Beitrag.


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