AG Gießen verurteilt Keyseller zu 18 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen gewerbsmäßigen Betrugs

Keyselling ist und bleibt ein heißes Thema. Schon 2014 berichteten wir über ein Urteil des Landgericht Berlins zu Urheberrechtsverstößen durch unautorisiertes Keyselling, wenn der Verkauf von Spiel und Lizenzschlüssel ursprünglich zusammengehörig erfolgen sollte. Ende April 2016 urteilte nun das AG Gießen und wertete Keyselling – neben der gewerbsmäßig unerlaubter Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke nach §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 106 Abs. 1, 108a Abs. 1 Urhebergesetz – als Betrug zu Lasten dem Kunden: Der Kunde zahle ein Entgelt, erhielte hierfür aber keine Nutzungsrechte und erleide somit einen Vermögensschaden.

In dem zugrundeliegenden Fall handelte der Täter, der die Lizenzschlüssel zu diversen Microsoft-Programmen über eine Internetplattform vertrieb – auch in der Absicht, sich eine dauerhafte Einnahmequelle von erheblichem Umfang zu schaffen. Damit war auch das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit gegeben. Und so ein gewerbsmäßiger Betrug ist kein Kavaliersdelikt: Gemäß § 263 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 Strafgesetzbuch liegt damit ein besonders schwerer Fall des Betruges vor, sodass die Strafe nicht mehr auch eine Geldstrafe sein kann, sondern allein auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren lautet. Hier gab es daher nun 18 Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung (AG Gießen, Urt. v. 19. April 2016 – 506 Ds 701 Js 23382/14, BeckRS 2016, 12849 = GRUR-Prax 2016, 415, rechtskräftig).

Damit erreicht die Auseinandersetzung um die Zulässigkeit des Keyselling eine neue Dimension: Es dürfte sich bei dem besprochenen Urteil um eines der allerersten Urteile handeln, in denen unautorisiertes Keyselling auch strafrechtlich geahndet wurde. Die Konsequenzen sind beachtlich. Die gilt umso mehr, da der Täter des vorliegenden Falles mit der Bewährungsstrafe noch vergleichsweise milde davon kam, weil er sich reumütig zeigte, den Schaden wieder gutzumachen versprach und bisher noch nicht vorbestraft war. Wie hoch die Strafe nun in anderen vergleichbaren Fällen ausfallen wird, bleibt abzuwarten.

Übrigens: Im Juni 2016 urteilte nun offenbar auch das OLG Hamburg (Urt. v. 16. Juni 2016 – Az. 5 W 36/16, noch nicht veröffentlicht), dass es irreführend und damit wettbewerbswidrig sei, wenn Keyseller ihren Kunden nicht bereits vor Abschluss des Kaufvertrages das Vorliegen der Voraussetzungen der Erschöpfung und der Löschung der Software beim ursprünglichen Rechteinhaber nachweisen. Ein solches Verhalten sei unlauter, da eine Irreführung durch Unterlassen der Mitteilung wichtiger Verkaufsinformationen vorläge. Sobald uns das Urteil vorliegt, werden wir auch hierzu näher berichten.


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