AG Charlottenburg: Löschung von Guthaben in virtueller Währung bei AGB-Verstoß zulässig (Volltext)

Der Betreiber eines Online-Spiels darf das Ingame-Guthaben eines Spielers löschen, wenn dieses unter Verstoß gegen die AGB erworben wurde. Eine Klage des Spielers gegen die Löschung wies das AG Charlottenburg jetzt ab (Urteil vom 1. 3. 2013, Az. 233 C 564/12 (Volltext), n. rkr. (Update: fehlerhaften Link repariert). Im konkreten Fall ging es um Guthaben im Wert von rund € 1.500, das der Kläger entgegen den einschlägigen Bestimmungen der Spiel-AGB von „Goldsellern“ erworben hatte.

In dem Spiel können Charaktere miteinander durchaus Handel treiben. Dem Betreiber des Spiels waren aber mehrere Transfers von (Spiel-)“Gold“ an Charaktere des Klägers aufgefallen, denen keine Gegenleistung in Form von Ingame-Items o.ä. gegenüber stand. Daraufhin löschte sie das entsprechende Guthaben und sperrte die Accounts des Klägers für einen Monat. Mit seiner Klage auf Wiederherstellung des gelöschten Guthabens hatte der Kläger keinen Erfolg.

Das Urteil ist in vielerlei Hinsicht interessant. Auffällig ist zunächst eine Passage im Tatbestand:

Spieler, die sich auf illegaler (sic) Weise Gold beschaffen, erschleichen sich gegenüber anderen Spielern einen unfairen Vorteil. Dies lässt die Motivation der Mitspieler sinken und gefährdet die Einnahmen der Beklagten, da der Erwerb von Gold nicht mehr […] über die Handelsplattform der Beklagten erfolgt.

Spannend daran ist nicht unbedingt die Aussage als solche, denn diese ist nun wirklich weder neu noch überraschend (auch das Gericht verweist auf das kürzlich ergangene Verbot eines Goldseller-Forums). Interessant ist vielmehr ihre Position in dem Urteil, nämlich als Teil des unstreitigen Tatbestands. Mit anderen Worten: Auch der Kläger hat diese Position nicht bestritten.

Was auf den ersten Blick verwunderlich ist, erklärt sich möglicherweise anhand des übrigen Vortrags des Klägers. Er argumentiert nämlich gar nicht, dass er zum Erwerb von Ingame-Guthaben von „Goldsellern“ berechtigt wäre. Er behauptet vielmehr, gar kein Gold von „Goldsellern“ erworben zu haben. Vielmehr habe er die Gegenleistungen für das erhaltene „Gold“ schon mehrere Monate im Voraus erbracht. Diese Geschäfte seien über einen Dritten, einen „Bürgen“ abgewickelt worden.

Wann er an wen welche Gegenleistung erbracht haben will, hat er freilich nicht vorgetragen, so dass es kaum verwundert, dass das Gericht ihm diese Erklärung nicht glaubt.

So kommt es dann auch zu dem Ergebnis, dass ein Anspruch auf Wiederherstellung des Guthabens nicht besteht. Da der Kläger mit dem Erwerb von „Gold“ über „Goldseller“ gegen die AGB der Beklagten verstoßen habe, sei diese auch berechtigt, diesen vertragswidrigen Zustand durch Löschung des Guthabens zu beseitigen.

Die AGB der Beklagten enthalten eine Klausel, nach der in bestimmten Verdachtsfällen der Spieler beweisen müsse, dass kein Erwerb von „Goldsellern“ vorliegt. Der Kläger hatte argumentiert, diese Klausel verstoße gegen das AGB-Recht. Diese Frage musste das Gericht allerdings nicht entscheiden. Jedenfalls das Verbot des Erwerbs von „Gold“ über „Goldseller“ sei wirksam. Hier hätte im Übrigen ein Hinweis auf die Abgrenzung von AGB und Spielregeln nahe gelegen, wenn das AG Charlottenburg im März schon die später ergangene Rechtsprechung des LG Hamburg zu diesem Thema gekannt hätte.

Selbst ohne die angegriffene Beweislastumkehr in den AGB hätte es nach Ansicht des Gerichts allerdings dem Kläger oblegen, detailliert anzugeben, welche Leistung er innerhalb des Spiels jeweils für das erhaltene „Gold“ erbracht habe. Diese Vorgänge, so das Gericht, hätte er ja ohnehin im eigenen Interesse dokumentieren müssen, wenn die Vergütung erst Monate später fließen sollte.

Betreiber von MMOs können sich von diesem Urteil in ihrem Kampf gegen den Missbrauch ihrer Ingame-Handelssysteme bestärkt sehen. Regelverstöße können sie innerhalb des Spiels selbst ahnden und bekommen dafür nötigenfalls die Rückendeckung der Justiz. Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. Wir sind gespannt, was das LG Berlin zu der Sache zu sagen haben wird.


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