Zusätzlicher Player im Verbraucherschutz: Bundeskartellamt bekommt neue Befugnisse

Etwas versteckt in einer aktuellen Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) hat der Gesetzgeber dem Bundeskartellamt neue Befugnisse im Bereich des Verbraucherschutzes eingeräumt. Zwar wird die Behörde nicht – wie ursprünglich vorgeschlagen – selbst Bußgelder für Verbraucherschutzverstöße verhängen können. Sie kann aber Untersuchungen durchführen und sich in Gerichtsverfahren einschalten – und hat bereits eine eigene Abteilung hierfür geschaffen.

Die Neuregelung

Der neue § 32a Abs. 5 sieht vor, dass das BKartA unternehmensübergreifend die „erforderlichen Ermittlungen“ anstellen kann – allerdings unter einigen einschränkenden Voraussetzungen, nämlich nur

bei begründetem Verdacht des Bundeskartellamts auf erhebliche, dauerhafte oder wiederholte Verstöße gegen verbraucherrechtliche Vorschriften, die nach ihrer Art oder ihrem Umfang die Interessen einer Vielzahl von Verbraucherinnen und Verbrauchern beeinträchtigen.

Kommt es zu Gerichtsverfahren, die solche Verstöße mit großer Auswirkung zum Gegenstand haben, kann das Bundeskartellamt sich nach dem neuen § 90 Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 GWB in diese Verfahren einschalten,

wenn [der Präsident des Bundeskartellamts] es zur Wahrung des öffentlichen Interesses als angemessen erachtet.

Die Gerichte müssen auf Anforderung Kopien von Schriftsätzen, Protokollen und Entscheidungen überlassen, und das BKartA kann eigene Stellungnahmen im Verfahren abgeben und damit beispielsweise eine eigene Rechtsauffassung argumentieren oder auch auf zusätzliche Beweismittel hinweisen. Es kann sogar an mündlichen Verhandlungen teilnehmen und eigene Fragen an Zeugen oder Sachverständige richten.

Spannend wird der unternehmensübergreifende Blick auf ganze Branchen insbesondere dort, wo Verbraucherschutzvorschriften und ihre praktische Anwendung wegen der Besonderheiten einer Branche oder eines Geschäftsmodells allgemeine Fragen aufwerfen. Im Bereich der Online- und Mobile Games beispielsweise ist immer noch unklar, wie virtuelle Münzen im Hinblick auf das Widerrufsrecht zu behandeln sind.

Mit seinen neuen Befugnissen wird das Bundeskartellamt auch der US-amerikanischen Federal Trade Commission (FTC) etwas ähnlicher. Auch diese hat neben dem „Bureau of Competition“ eine eigene Verbraucherschutzabteilung und kann diesbezüglich eigene Rechtsstreitigkeiten führen.

Konsequenzen für die Praxis

Zwar kann das Bundeskartellamt nicht von sich aus Untersuchungen oder gar Gerichtsverfahren gegen einzelne Unternehmen einleiten. Die Sektoruntersuchungen und Beteiligungsrechte zielen vielmehr auf branchenweit verbreitete potentielle Verstöße, also allgemeine Fehlentwicklungen ab.

Es bleibt auch abzuwarten, wie das BKartA und die Rechtsprechung die zahlreichen unbestimmten Begriffe im Voraussetzungskatalog des § 32e Abs. 5 interpretieren werden, beispielsweise dazu wie „begründet“ der Verdacht vor (!) Einleitung der Untersuchung schon sein muss, oder wann ein öffentliches Interesse die Beteiligung an einem Gerichtsverfahren „angemessen“ erscheinen lässt.

Jedenfalls aber werden die Aktivitäten des Amtes auch Auswirkungen auf die Durchsetzung von Verbraucherschutzvorschriften haben. Die Verbraucherzentralen werden die Ergebnisse von Sektoruntersuchungen regelmäßig zum Anlass eigener Aktivitäten nehmen und etwa festgestellte Verstöße abmahnen. Auch Wettbewerber könnten solche Abmahnungen aussprechen.

Positiv ist hervorzuheben, dass nach § 32a Abs. 6 GWB der Anspruch auf Erstattung entsprechender Abmahnkosten zeitweise ausgeschlossen ist – allerdings nur für vier Monate nach Veröffentlichung des entsprechenden Abschlussberichts. Danach werden Abmahnungen wieder kostenpflichtig. Unternehmen ist daher zu raten, die Abschlussberichte der Verbraucherschutz-Sektoruntersuchungen des Bundeskartellamtes aufmerksam zu verfolgen und eigene Praktiken an diesem Maßstab zu überprüfen und ggf. kurzfristig anzupassen.


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