An der Frage, ob ein Computerspiel ein Kunstwerk ist (oder wenigstens sein kann) scheiden sich noch die Geister. Vergangene Woche hat die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle eine überarbeitete Version ihrer Leitkriterien für die Alterseinstufung von Spielen vorgelegt und in der Neufassung der Präambel eindeutiger als zuvor Stellung bezogen.
In der ersten Fassung der Leitkriterien (die übrigens nicht mit den stark verfahrensrechtlich geprägten „Grundsätzen“ zu verwechseln sind, sondern diese konkretisieren und ergänzen) hieß es noch relativ dürr, dass Computerspiele „heute […] Teil unserer Alltagskultur geworden“ seien. Nun ist der entsprechende Passus in der Neufassung deutlich umfangreicher geraten:
Computerspiele sind ein selbstverständlicher Teil unserer Alltagskultur und finden auch unter künstlerischem Aspekt Beachtung. Technisch Machbares und ästhetischer Ausdruck können sich in einer Art und Weise verbinden, dass Spiele Merkmale einer Kunstform in der zeitgenössischen Unterhaltung erhalten. Durch die Chance der Interaktivität können sich Entwickler wie Spieler durch das Medium ausdrücken, sich kritisch mit Gesellschaft und ihren Prozessen auseinandersetzen und dabei Wirklichkeit, Entwicklung und Veränderung reflektieren.
Diese Einschätzung habe der Beirat der USK einstimmig gefasst. Das hat schon etwas von breitem Konsens, gehören diesem Gremium doch nicht etwa nur Vertreter der Spieleindustrie und der Landesjugendbehörden sondern auch Repräsentanten der Kirchen, freier Träger der Jugendhilfe, des Bundesfamilienministeriums und nicht zuletzt die Vorsitzende der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien an.
Damit erschöpfen sich allerdings dann auch die Änderungen an den erstmals 2011 veröffentlichten Leitkriterien. In rein inhaltlicher Hinsicht haben sich die Jugendschutzmaßstäbe nach Ansicht der Selbstkontrolleinrichtung also in den vergangenen zwei bis drei Jahren nicht geändert. In einer Pressemitteilung weist die USK ausdrücklich darauf hin, dass die neue Einstellung zur Kunstform Computerspiel „keinen unmittelbaren Einfluß auf die Höhe der Altersfreigaben“ habe. Unsere ursprünglichen Erläuterungen zu den Leitkriterien dürften also weiterhin gelten.
Gänzlich irrelevant ist die Frage nach dem Kunstcharakter im Jugendschutzrecht allerdings nicht. So muss bei jeder Indizierung geprüft werden, ob nicht der Schutz der Kunstfreiheit in Bezug auf das konkret geprüfte Spiel die Belange des Jugendschutzes überwiegt. Auch in Bezug auf die Verwendung verfassungswidriger Symbole kann man sich des Eindrucks kaum erwehren, dass „anerkannten“ Formen künstlerischen Ausdrucks mehr zugestanden wir als den Spielen. Die (Rechts-)Praxis jedenfalls geht bislang mit Computerspielen viel restriktiver um als etwa mit Spielfilmen, was sich in der Vergangenheit auch in der Rechtsprechung niedergeschlagen hat. In diesen Bereichen könnte die Positionierung der USK durchaus Akzente setzen.
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