Die Medienschelte für die Freigabepraxis der FSK reisst nicht ab. Kern des Vorwurfs: Die FSK bewerte zu großzügig, gebe damit Inhalte für zu junge Altersstufen frei und lasse sich durch Manipulationsspielchen der Filmindustrie an der Nase herumführen. Ausgelöst durch einen Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) vom 3.10. hat sich mittlerweile auch Familienministerin Schröder in die Debatte eingeschaltet und sich der Kritik in Teilen angeschlossen.
Heute setzt die FAS nach und dokumentiert die Reaktionen ihrer Leser (leider nicht in der frei zugänglichen Online-Ausgabe). Die Leserbriefe offenbaren aber grundsätzliche Mißverständnisse über Zweck und Funktion der freiwilligen Selbstkontrolle im System des deutschen Jugendschutzes – die sich ohne Weiteres auch auf das Prüf- und Freigabeverfahren der USK für Computerspiele übertragen lassen.
Unverkennbar schwingt die Empörung mit, wenn sich Eltern etwa wie folgt äußern:
Leider taugt die FSK nicht als verlässlicher Ratgeber für verantwortungsvolle Eltern
Diesen Film für zwölfjährige Kinder zu empfehlen ist meines Erachtens ein Unding
Für unser Land wünsche ich mir, dass die Entscheidungen der Bewerter nicht von deren „Bauchgefühl“ abhängig sind, sondern anhand eines Kriterienkatalogs durchgeführt werden.
Dazu muß zweierlei angemerkt werden:
Die Einrichtungen der Selbstkontrolle sprechen keine pädagogischen Empfehlungen aus.
Ihre Aufgabe ist es lediglich, die obersten Landesjugendbehörden gem. 14 Abs. 6 JuSchG bei der Festlegung verbindlicher Untergrenzen zu unterstützen. Die Prüfung durch das keineswegs nur von Industrievertretern besetzte Gremium soll nur einen absoluten Mindeststandard setzen. Die Freigabe für eine bestimmte Altersstufe darf nicht mit jeder – für sich genommen vielleicht legitimen – pädagogischen Erwägung versagt werden, sondern allein wenn
die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit
gefährdet wäre (§ 14 Abs. 1 JuSchG). Die Verantwortung für diese Erziehung liegt aber in letzter Konsequenz bei den Eltern. Es darf auch nicht vergessen werden, dass mit der Alterseinstufung zulasten der jeweiligen Film- (bzw. Spiele-) Industrie Vermarktungseinschränkungen verbunden sind, die auch deren verfassungsmäßige Rechte (Art. 5, 12 und 14 GG) tangieren.
Die Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle arbeiten nach definierten Kriterien.
Diese sind sind für die FSK hier und für die USK hier und hier ausführlich erläutert. Die FSK veröffentlicht auch regelmäßig begründete Freigabeentscheidungen.
Update: Die FSK selbst hat für Montag eine schriftliche Stellungnahme angekündigt am 14.10. in einer „Gemeinsamen Erklärung“ mit Familienministerin Schröder zu der Kritik Stellung genommen. Darin heißt es konziliant:
Bundesministerin Dr. Kristina Schröder spricht der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) in Wiesbaden anlässlich eines Besuches am 14. Oktober 2010 das Vertrauen aus. Die FSK sicherte zu, in ihren Prüferfortbildungen verstärkt auf die Problematik derjenigen Filme einzugehen, bei denen die Einordnung umstritten ist, gerade zwischen 12 und 16 Jahren.
Außerdem wird erneut – zutreffend – darauf hingewiesen, dass die Altersfreigaben nicht mit pädagogischen Empfehlungen verwechselt werden dürfen.
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