Mit Urteil vom 12. Januar hat der BGH entschieden, dass das Angebot von Bots für ein Online-Rollenspiel eine verbotene unlautere Wettbewerbshandlung darstellt. Über den Hintergrund der Entscheidung hatten wir bereits hier berichtet. Die nunmehr veröffentlichte vollständige Urteilsbegründung (BGH, Urt. v. 12. Januar 2017, Az. I ZR 253/14, Volltext) enthält aber auch noch eine ganze Reihe weiterer interessanter Ausführungen zu den Vertragsverhältnissen zwischen Anbietern und Spielern von Onlinespielen.
Sind „Spielregeln“ rechtlich betrachtet AGB?
In dem erstinstanzlichen Urteil zu diesem Rechtsstreit hatte das Landgericht Hamburg zwischen allgemeinen Geschäftsbedingungen im eigentlichen Rechtssinne und bloßen „Spielregeln“ unterschieden, die der Anbieter eines Spieles einseitig verbindlichen aufstellen und ändern könne, ohne dass sie jedes Mal vertraglich mit den Spielern vereinbart werden müssten. Für eine solche Betrachtung sprechen auch durchaus einige Argumente.
In der zweiten Instanz hatte das Berufungsgericht die Frage offen gelassen, ob bei Onlinespielen wirklich zwischen AGB und „Spielregeln“ zu unterscheiden sei.
Der BGH findet nunmehr aber deutliche Worte. Jedenfalls dann wenn die „Spielregeln“ – wie im vorliegenden Fall – als Beschränkungen der eingeräumten Lizenz zur Nutzung der Software ausgestaltet sind und der Anbieter bei Verstoß ein Kündigungsrecht habe, seien sie auch im Rechtssinne AGB und müssten daher, um wirksam zu sein, nach den allgemeinen Regeln in den Vertrag einbezogen werden und müssten einer Inhaltskontrolle an den Maßstäben des AGB-Rechts standhalten.
Einbeziehung von AGB bei Client-basierten Onlinespielen
Der Anbieter der Bots hatte in dem Verfahren geltend gemacht, dass die AGB, welche das Verbot der Bot-Nutzung beinhalten, in das Vertragsverhältnis zwischen Anbieter und Spieler nicht wirksam einbezogen würden, weil beim Erwerb der Client-Software auf einem physischen Datenträger die entsprechenden AGB dem Käufer nicht zur Kenntnis gebracht würden.
Dieser Betrachtung erteilt der BGH aber richtigerweise eine deutliche Absage. Denn der Erwerb der Client-Software als solcher berechtigt den Spieler noch nicht zur Nutzung der Online-Funktionalitäten, für die nach der Installation der Client-Software im Rahmen der Registrierung des Spieler-Accounts ein eigener Vertrag geschlossen wird:
Bei einem Massen-Mehrspieler-Online-Spiel schließt der Spieler regelmäßig zwei Verträge ab. Er schließt einen Kaufvertrag mit dem Händler über die für den Zugang zum Online-Spiel benötigte und auf seinem Computer zu in-stallierende Client-Software ab. Im Zuge der Einrichtung des Spieler-Accounts trifft er sodann mit dem Spielveranstalter eine Vereinbarung über die Nutzung der auf dessen Server hinterlegten Software, mit der die persistente virtuelle Spielwelt bereitgestellt wird und die Spielzüge der Teilnehmer laufend aktualisiert und koordiniert werden. Es liegen danach regelmäßig verschieden ausgestaltete Verträge über unterschiedliche Computerprogramme vor.
[…]
Nach § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB muss dem Verbraucher die Möglichkeit zur Kenntnisnahme der einzubeziehenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Abschluss des jeweiligen Vertrags verschafft werden. Eine zeitliche Vorverlagerung bei wirtschaftlich aufeinander aufbauenden Verträgen ist nicht vorgesehen.
Es genügt demzufolge trotz des wirtschaftlichen Zusammenhangs der Verträge, wenn die AGB für die Nutzung der Onlinefunktionen (erst) bei der Accounterstellung dem Nutzer kommuniziert und in den Vertrag einbezogen werden.
Der Fall zeigt, dass dieses Prinzip offenbar auch dann gelten soll, wenn das Spiel keinen Offline- oder Einzelspielermodus aufweist, eine sinnvolle Nutzung also ohne den Abschluss eines zweiten Vertrages überhaupt nicht möglich ist. Dass der BGH diese Konsequenz gesehen hat, sagt er zwar nicht ganz ausdrücklich, wohl aber zwischen den Zeilen: Zur Begründung seines Ergebnisses verweist er nämlich unter Anderem auf die Entscheidung „Half-Life 2“, in der er – in anderem Zusammenhang – ebenfalls sauber zwischen unterschiedlichen Vertragsverhältnissen trennt und dem Argument der wirtschaftlichen Nützlichkeit eine Absage erteilt.
Wirksamkeit des Bot-Verbots
Das Verbot des Einsatzes von Automatisierungssoftware sieht der BGH ohne große Umstände als wirksam an. Die entsprechenden Bestimmungen seien insbesondere nicht deswegen unklar, weil sie Anglizismen wie „Bot“ oder „Cheat“ enthalten, da diese in der Zielgruppe üblich und allgemein verständlich seien.
Konsequenzen für die Praxis
Nach dieser Entscheidung des BGH müssen „Spielregeln“ jedenfalls dann als AGB betrachtet werden, wenn sie die tatsächlich mögliche Nutzung des Spiels rechtlich einschränken und dem Anbieter verbindliche Sanktionsmöglichkeiten geben. Solche Spielregeln müssen daher von den Spielern wie andere AGB auch akzeptiert werden. Es genügt aber, wenn dies im Rahmen der Accountregistrierung erfolgt.
Wird in den Spielregeln der Einsatz von Bots verboten, ist dies wirksam und führt auch zu Unterlassungsansprüchen gegen Dritte, die solche Bots für das Onlinespiel anbieten.
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